Einführung
Zu teuer, zu langwierig, zu kompliziert – die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung hat einen schlechten Ruf. Die Gründe für das Scheitern vieler öffentlicher IT-Projekte sind vielfältig und können sich je nach Vorhaben unterscheiden. Augenscheinlich ist jedoch, dass es in vielen Verwaltungen bislang kaum etablierte Prozesse zur digitalen Produktentwicklung gibt, wie sie etwa in der Privatwirtschaft existieren.
Digitale Produkte spielen für die Verwaltungsarbeit eine zentrale Rolle. Ihre Beschaffung bleibt allerdings in vielen Fällen eine Herausforderung. Denn nicht nur das Vergaberecht, sondern auch interne Strukturen und Prozesse sind oft noch auf analoge Produkte ausgelegt. Der Entwicklungsprozess digitaler Produkte unterscheidet sich in vielen Aspekten fundamental von der Herstellung physischer Gegenstände. Während es z. B. in der industriellen Fertigung nötig sein mag, schon im Vorfeld einen detaillierten Plan über jeden einzelnen Arbeitsschritt zu haben, erfolgt die digitale Produktentwicklung dynamischer und agiler: Sie ähnelt eher einem explorativen Prozess des Herantastens, bei dem das gewünschte Produkt immer wieder verändert, getestet, angepasst und sukzessive verfeinert wird.
Auch wenn die eigentliche Programmierung in der Regel durch externe Dienstleister erfolgt, benötigen Verwaltungen doch das richtige Handwerkszeug, um agile Entwicklungsprozesse kompetent zu begleiten. Denn auch der beste Dienstleister ist nur so gut wie die Auftraggeberin, die ihn steuert. Deshalb ist es unerlässlich, dass die zuständigen Verwaltungsmitarbeiter:innen sich mit den Grundlagen agiler, nutzer:innenzentrierter Softwareentwicklung vertraut machen, um das gewünschte Ziel – ein funktionierendes, nutzer:innenfreundliches Produkt, das innerhalb des bestehenden Zeit- und Kostenrahmens umgesetzt wird – zu erreichen.
In diesem Leitfaden werden einige niedrigschwellige Maßnahmen vorgestellt, wie die Vorbereitung und Umsetzung von IT-Produkten in der Verwaltung effektiver und innovativer gestaltet werden kann. Wie arbeitet man agil und was bedeutet das Wort „agil“ überhaupt? Welche Methoden, Werkzeuge und Techniken können auch im „Verwaltungsalltag“ eingesetzt werden und wie stellt man dabei sicher, dass die Maßnahmen auch langfristig ihre Wirkung entfalten? Diese und weitere Fragen sollen nach einer Einführung im zweiten Teil des Leitfadens anhand praxisnaher Beispiele für die verschiedenen Phasen zur Durchführung eines Digitalisierungsvorhabens beantwortet werden.
Für diejenigen, die sich an dieser Stelle fragen, ob das alles nur in der Theorie gut funktionieren mag, denen sei versichert, dass sich die vorgestellten Maßnahmen, Tipps und Tricks in der Praxis bereits bewährt haben. Zur Vorbereitung dieses Leitfadens haben wir mit diversen Verwaltungsbeschäftigten gesprochen, die schon erfolgreich mit agilen Methoden arbeiten. Aus diesen Gesprächen sind die praktischen Beispiele und Empfehlungen entstanden.
Nicht zuletzt gilt: Die digitale Transformation beginnt im Kopf! IT-Produkte erfolgreich zu implementieren kann in vielen Fällen bedeuten, bestehende Prozesse und Strukturen kritisch zu hinterfragen und kreative, zunächst vielleicht ungewohnte Wege zu beschreiten. Das mag mitunter anstrengend sein, macht aber auch jede Menge Spaß, versprochen! Wir wünschen Ihnen viel Erfolg bei Ihrem nächsten Projekt.